Dr. Ann-Veruschka Jurisch

Dass die Nationale Sicherheitsstrategie keinen Nationalen Sicherheitsrat vorsieht, ist sehr bedauerlich

Dr. Ann-Veruschka Jurisch

Deutschland hat endlich eine nationale Sicherheitsstrategie, das ist ein großer Erfolg. Jahrelang haben die von der Union geführte Bundesregierungen die Notwendigkeit übersehen und diese Gestaltungschance verpasst. Die Sicherheitsstrategie erkennt an, dass Sicherheit weit mehr ist als Außen- oder Geopolitik. Auch die innere Sicherheit findet erstmals Berücksichtigung. Die Realität hat uns schmerzhaft gelehrt, dass gezielte Desinformationskampagnen, strategisches Aufkaufen von Schlüsselindustrien durch ausländische Staaten und Rohstoffabhängigkeiten hohe Risiken mit sich bringen. Ein wichtiger Schritt für Deutschland hin zu einer strategischeren Kultur.

Dass die Nationale Sicherheitsstrategie nicht die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrats vorsieht, ist ein Fehler. Deutschland braucht ein funktionierendes, breit angelegtes Frühwarnsystem. Dieses sollte in eine Querschnittorganisation eingebettet sein, die mit ihrem Wissen dazu beiträgt, dass die Nationale Sicherheitsstrategie operativ umgesetzt werden kann und die an der laufenden Weiterentwicklung der Strategie mitwirkt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass ein solches Gremium überfällig ist, um Krisenvermeidung, -prävention und -management aus einem Guss sicherzustellen.

Nicht zuletzt hat die chaotische Evakuierung in Afghanistan oder die Abhängigkeit von Russland im Energiesektor klar aufgezeigt, dass uns die strategische Weitsicht und einheitliches Handeln bei Sicherheitsfragen fehlt. Als Land benötigen wir ein sektorübergreifendes strategisches Risikomanagement, das auch langfristige Trends wie zum Beispiel Demographie oder Klimawandel mit kurzfristigeren Entwicklungen zusammenführen und operationalisieren kann. Diese Punkte setzen einen zentralen Arbeitsstab voraus, der über den Tellerrand der Ressorts hinwegsieht. Eine solche Institution fehlt nach wie vor.